Wegen des Stechuhrurteils sind Unternehmen gezwungen zu handeln. Kennen Sie die Rechtsgrundlagen?
Spätestens seit dem sogenannten Stechuhrurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird auch hierzulande eine teils kontroverse Diskussion um die Erfassung der Arbeitszeit von Mitarbeitern geführt. Dringlicher Handlungsbedarf in den Unternehmen ergibt sich insbesondere aufgrund der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022, nach der eine Arbeitszeiterfassung ab sofort ohne Übergangszeit erfolgen muss.
Durch die erst Anfang Dezember 2022 veröffentlichte Urteilsbegründung konnte zwischenzeitlich jedoch zumindest eine wichtige Zweifelsfrage geklärt werden. So bleiben Ausnahmen von der Zeiterfassung bei Führungskräften auch künftig möglich, weil laut BAG „die Dauer ihrer Arbeitszeit wegen besonderer Merkmale der Tätigkeit nicht bemessen und/oder vorherbestimmt ist“. Offen ist dagegen derzeit noch die Akzeptanz von „Vertrauensarbeitszeit“; deren rasches Ende nach der Urteilsbegründung allerdings nicht zu erwarten steht.
Immerhin bleibt den Unternehmen bei der Umsetzung der Zeiterfassung Gestaltungsspielraum (Papieraufzeichnungen, Stechuhr, digitale Terminals …), auch Bußgelder oder Strafmaßnahmen drohen bei Verstößen gegen die geforderte Arbeitszeiterfassung aktuell wohl nicht.
Diese Rechtsgrundlagen sollten Sie kennen:
BAG vom 26. August 2008, Az.: 1 ABR 16/07
Bei der Einführung von Arbeitszeiterfassungssystemen muss der Datenschutz gewährleistet sein; eine Erfassung der gesamten Arbeitszeit von Mitarbeitern ist nur ohne Dauerüberwachung zulässig.
EuGH vom 14. Mai 2019, Az.: C-55/18 („Stechuhrurteil“)
Pflicht des Arbeitgebers zur Einrichtung eines Systems zur Erfassung der täglichen effektiven Arbeitszeit
BAG vom 4. Mai 2022, Az.: 5 AZR 359/21
Die aus dem „Stechuhrurteil“ des EuGH resultierende Pflicht zur Einführung eines Zeiterfassungssystems hat keine Auswirkung auf die Darlegungs- und Beweislast in einem Überstundenprozess
BAG vom 13. September 2022, Az.: 1 ABR 22/21
Basierend auf dem „Stechuhrurteil“ des EuGH erkennt das BAG die Erfordernis eines Zeiterfassungssystems bereits aufgrund des Arbeitschutzgesetzes (ArbSchG)
Hinweis:
Wegen der sich stetig ändernden Rechtslage im Steuerrecht können wir keine Garantie für die zukünftige Gültigkeit der Beiträge übernehmen. Wir empfehlen Ihnen, bei aktuellen Problemstellungen die Hilfe eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe in Anspruch zu nehmen.
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