Wie im Steuerrecht üblich gelten seit Jahresbeginn zahlreiche Neuerungen. Die Umsetzung des europaweiten Mehrwertsteuer-Digitalpakets erfolgt dagegen erst Mitte 2021.
Innergemeinschaftlicher Versandhandel
Einer der Schwerpunkte des Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) ist die Reform des innergemeinschaftlichen Versandhandels mit neuen Fernverkaufsregelungen. Diese gelten für den innergemeinschaftlichen Handel wie auch beim Verkauf aus Drittstaaten eingeführter Gegenstände. Der damit einhergehende Wegfall der bisherigen Lieferschwellen im Inland und den Bestimmungsländern erfordert in vielen Fällen eine zeitnahe Anpassung der betrieblichen Faktura- und Buchhaltungssysteme. So gilt künftig nur noch eine Gesamtschwelle von lediglich 10.000 Euro für alle Lieferungen in andere Mitgliedstaaten und bestimmte sonstige Leistungen. Obwohl Lieferungen neuer Fahrzeuge und Montagelieferungen bei der Berechnung außen vor bleiben, werden dadurch zahlreiche Unternehmen auch in anderen Ländern umsatzsteuerpflichtig.
Lieferkettenfiktion
Zur Sicherung des Umsatzsteueraufkommens im zuletzt stark angestiegenen Online-Handel wird darüber hinaus eine Lieferkettenfiktion von Warenlieferungen über elektronische Schnittstellen wie bspw. Internet-Handelsplattformen oder Portalen eingeführt. Die Betreiber elektronischer Marktplätze gelten dadurch als Lieferer und Umsatzsteuerschuldner bei Verkäufen von Marktplatz-Onlinehändlern aus dem Drittlandsgebiet an Verbraucher innerhalb der EU.
In Kraft treten sollten die EU-weiten Neuregelungen ursprünglich bereits zum 1. Januar 2021. Wegen der Covid-19-Pandemie haben sich die EU-Mitgliedstaaten aber auf eine Verschiebung des Digitalpakets auf Mitte 2021 geeinigt.
Seit Jahresbeginn gültige Neuregelungen
Weitere wichtige Neuregelungen gelten dagegen bereits seit Jahresbeginn. Hier ein kurzer Überblick.
Rückwirkende Rechnungsberichtigung (§ 14 Abs. 4 UStG)
Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben stellt kein Ereignis dar, das für die Vergangenheit wirkt. Sofern der Vorsteuerabzug vom Finanzamt aufgrund formeller Mängel versagt wird, ist bei bereits bestandskräftigen Steuerbescheiden damit keine rückwirkende Änderung mehr möglich. In diesen Fällen bleibt es für die Berechnung der fälligen Nachzahlungszinsen beim kostspieligen Verzinsungsbeginn bereits ab dem 15. Monat nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Rechnung erstmals dem Leistungsempfänger vorlag.
Entgeltminderung in Leistungsketten (§ 17 Abs. 1 UStG)
Vorsicht ist auch bei Preisnachlässen und Preiserstattungen in einer Leistungskette geboten. Denn nur wenn der Leistungsbezug des Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist, führen Entgeltminderungen auch zu einer Minderung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage und einer niedrigeren Umsatzsteuer für leistende Unternehmer.
Begrenzung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 27a UStG)
Bei ernsthaften Anzeichen für eine Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens darf die Gültigkeit von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNrn.) künftig begrenzt werden. Zu erwarten steht eine entsprechende Kennzeichnung bei Gültigkeitsüberprüfungen, womit eine Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen an diese USt-IdNr. und ggf. die Leistungsortverlagerung bei sonstigen Leistungen entfällt.
Zusätzlicher Arbeitslohn (§ 8 Abs. 4 EStG)
Um Gehaltsumwandlungen auszuschließen waren Steuerbefreiungen u.a. für Jobtickets oder die Anwendung der bisherigen 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge (ab 1. Januar 2022 50 Euro) davon abhängig, ob die betreffenden Arbeitgeberleistungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Dies setzte nach der bisherigen Finanzrechtsprechung und den geltenden Lohnsteuer-Richtlinien eine freiwillige Leistung voraus, auf die der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich keinen Anspruch hat. Aufgrund der jüngsten arbeitnehmerfreundlichen Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofs wurde die Rechtsauffassung der Finanzbehörden jetzt gesetzlich abgesichert und das Vorliegen von zusätzlichem zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn von mehreren Voraussetzungen (z.B. keine Anrechnung auf den Anspruch auf Arbeitslohn und keine Erhöhung des Arbeitslohns bei Wegfall der Leistung) abhängig gemacht. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, sollen die Finanzämter – anders als noch im Regierungsentwurf des JStG 2020 vorgesehen – von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.
Home-Office-Pauschale (§ 4 Abs. 5 EStG)
Selbst ohne ein steuerlich anerkanntes häusliches Arbeitszimmer kann für nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeiten eine Pauschale von fünf Euro pro Tag als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Die Wermutstropfen: Der Abzug ist auf max. 120 Arbeitstage begrenzt und wird nicht zusätzlich zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 Euro gewährt. Darüber hinaus ist keine steuerfreie Erstattung durch den Arbeitgeber vorgesehen.
Investitionsabzugsbeträge (§ 7g EStG)
Seit Jahren profitieren kleine und mittlere Unternehmen von der steuerlichen Förderung anstehender Investitionen über Investitionsabzugsbeträge von bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Voraussetzung für die Steuerermäßigung war neben festgelegter Betriebsvermögensobergrenzen jedoch die strikte Einhaltung der dreijährigen Investitionsfrist zur Anschaffung oder Herstellung der betreffenden (Ersatz)Wirtschaftsgüter. Als schädlich galt darüber hinaus deren längerfristige Vermietung für mehr als drei Monate.
Zur Verlängerung der Investitionsfrist konnte sich der Gesetzgeber zwar auch in der Corona-Krise nicht durchringen, hat stattdessen aber den erlaubten Abzugsbetrag auf bis zu 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöht und eine längerfristige Vermietung der Wirtschaftsgüter zugelassen. Zudem wurden die Betriebsvermögensobergrenzen gestrichen und die Gewinngrenze für alle Einkunftsarten nunmehr einheitlich auf 200.000 Euro angehoben.
Hinweis:
Wegen der sich stetig ändernden Rechtslage im Steuerrecht können wir keine Garantie für die zukünftige Gültigkeit der Beiträge übernehmen. Wir empfehlen Ihnen, bei aktuellen Problemstellungen die Hilfe eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe in Anspruch zu nehmen.
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